TV-Images / Fernsehbilder

Ende 2004 hatte ich nach langer Zeit wieder angefangen zu zeichnen. Als Übung hatte ich die Idee die Stoppfunktion meines Fernsehers zu nutzen, um das entsprechende Standbild abzuzeichnen. Es war mir dabei wichtig, nur Live- bzw. Erstausstrahlungen von Talkshows als Vorlage zu nehmen und die Stoppfunktion als eine Art Auslöser eines imaginären Fotoapparats zu nutzen. Die Bilder sollten die Situation und Stimmung des jeweiligen Gesprächs auffangen. Im Folgenden präsentiere ich die sieben daraus entstandenen Zeichnungen, die je etwa 8 x 5 cm groß sind.

Die Talk-Sendung Böttinger (vormals die etwas anders konzipierte Sendung B.trifft) wurde im WDR-Fernsehen bis Ende 2005 ausgestrahlt. Die Sendung wurde von der Journalistin Bettina Böttinger gewohnt souvarän moderiert. Die eingeladenen Personen wurden nacheinander portraitiert und ihre Persönlichkeiten kamen sehr gut zum Vorschein. In jeder Sendung gab es bei den eingeladenen Gästen eine Gemeinsamkeit, wodurch stets eine interessante Unterhaltung zustande kam. Böttinger war eine der weinigen Sendungen, bei denen die Gäste die Hauptrolle spielten und sich angeregt unterhielten. Folgende zwei Zeichnungen stammen von der Sendung des 6.11.2004 mit dem Thema „Mein bewegtes Leben“.

Barbara Schwarzer ist eine an Multiple Sklerose erkrankte Modeschöpferin aus Düsseldorf. Sie geht mit ihrer schweren Erkrankung so um, dass sie ihr Leben auslebt und dynamisch in ihrer Arbeit aufgeht. Eine bewundernswerte Einstellung, die von viel Kraft und einer tiefsinnigen Lebensbejahung zeugt. Ganz von dieser Lebensgeschichte abgesehen, ist die Arbeit dieser Designerin hervorragend und sehr stilvoll.

Die Zeichnung stellt eine kleine Ausnahme in der Serie dar, da sie aus dem Portrait-Einspieler stammt und damit keine echte Live-Situation darstellt. Bei diesem ersten Bild hatte ich noch nicht die Regel der darauffolgenden Zeichnungen aufgestellt. Nichtsdestotrotz faszinierte mich die Nahaufnahme des Auges, da sich der Hintergrund ihrer Geschichte darin spiegelte. Ich versuchte dieses Gefühl in die Zeichnung zu übertragen.

Mieze ist die Frontfrau der deutschen Band MIA. Ich erinnere mich noch daran, dass ich sie in der Sendung sehr sympatisch, intelligent und nett fand. Entsprechend ist für mich auch zu erklären, wie wunderbare Titel der Band, wie „Sonne“ und „Was es ist“ zustande kamen. Letzteres Lied ist in starke Kritik geraten, da es ein deutsches Nationalgefühl beschreibt und so von der Rechten Szene gerne gespielt wird. Wie es um dieses Thema bestellt ist, kann ich nicht beurteilen. Mehr zu diesem Thema bei Wikipedia und der taz. Das Lied gab es zum Zeitpunkt der Sendung noch nicht, so dass dies natürlich kein Thema war. Thema war das bewegte Leben von Mieze im Rahmen ihrer Band.

Die Talkshow Beckmann in der ARD wird von Reinhold Beckmann moderiert. Dort sind (meines Wissens nach) ausschließlich prominente Gäste – zumeist Schauspieler und Musiker. Leider erreicht die Sendung nicht das persönlichkeitsnahe Niveau von Böttinger. Dies liegt meines erachtens an der relativ oberflächlichen und schematischen Moderation von Beckmann. So sind vor allem die Sendungen interessant, in denen die Gäste von sich aus eine Persönlichkeit darstellen und so die Moderation überstrahlen.

Neben des üblichen Hinweises auf eine aktuelle Fernsehproduktion, war Gudrun Landgrebe vor allem wegen des 20-jährigen Jubiläums der Premiere des erfolgreichen van-Ackeren-Films „Die flammbierte Frau“ zu Gast. Dies war einer ihrer seltenen Auftritte in einer Talkshow. Entsprechend interessant war die Sendung, die im Archiv der ARD noch angesehen werden kann.

Die Talkshow Kerner wird im ZDF von Johannes B. Kerner moderiert. Im Prinzip gilt hier dasselbe, was ich zur Sendung Beckmann geschrieben habe. Der Unterschied ist eine lockerere und damit angenehmere Gesprächssituation, die häufigere Ausstrahlung der Sendung und die unterhaltsamen Freitag-Kochsendungen.

Als der redsame Walter Momper (Wikipedia, Video) zu Gast war, fielen mir diese Zuschauer auf, die sich herzhaft amüsierten. Für mich bestand der Reiz darin, dieses amüsierte Gefühl in die Zeichnung zu bringen. Zudem ist der Zuschauer als Motiv ein wichtiger Bestandteil einer Talkshow und eine interessante Abwechslung in meiner Bildserie.

Etwa neun Monate vor ihrem Tod war Eva Renzi bei Kerner zu Gast (Video). Sie klagte ihr Leid über ihre Beziehung zu ihrer Tochter Anouschka Renzi, welche aus einer sehr unglücklichen Liebesgeschichte hervorging. Sie wirkte zwar lebhaft und relativ fröhlich, doch ich erkannte im Inneren ein tiefes Unglück. Ich denke, die Zeichnung transportiert dies. Übrigens schlossen ihre Tochter und sie in den Wochen vor ihrem Tod noch Frieden.

Veronica Ferres war sehr häufig Gast in allen möglichen Talkshows. Diesesmal war sie anläßlich ihrer Rolle im Fernsehfilm „Sterne leuchten auch am Tag“ anwesend in dem sie eine an der unheilbaren Krankheit ALS erkrankte Patientin spielte. Es ging in der Sendung (Video) hauptsächlich um diese Krankheit. Der Maler Prof. Jörg Immendorf wurde als betroffener Patient hinzugeschaltet und zusammen mit seiner Frau interviewt. In dieser Sendung kam mir Veronica Ferres erstmalig wirklich sehr betroffen und ernsthaft vor.

In der Sendung vom 7.12.2004 (Video) war Alexandra Maria Lara zusammen mit ihrem Schauspielkollegen Wotan Wilke Möhring zu Gast. Für mich ist sie eine der schönsten Frauen der Welt. Sie fiel mir schon vor ihrer prominentesten Rolle als Hitlers Sekretärin im Film „Der Untergang“ im Fernsehfilm „Vertrauen ist alles“ auf. In dieser Sendung erfuhr ich erstmalig nähere Details ihres Werdegangs. Sie entstammte einer rumänischen Schauspielerfamilie und ihr Vater gab ihr Schauspielunterricht. Daneben gab es die ominöse Promotion des Films „Cowgirl„.